
Ein Abend am See, bevor das Abenteuer beginnt
Mit dem Zug lassen wir uns zum Bahnhof Arbon am Bodensee bringen. Unser b_smart hotel direkt am Bahnhof macht seinem Namen alle Ehre: schlicht, durchdacht, mit allem, was man braucht. Der Self-Check-in klappt problemlos, wir beziehen unser Zimmer und holen uns noch Kaffee, Tee und Mineralwasser an der Selbstbedienung. Wunderschön gestaltet – und alles kostenfrei.
Am See unten atmen wir tief durch, schauen über das Wasser und lassen unsere Gedanken treiben. Spüren, wie der Kopf leerer und der Körper leichter wird. Ganz langsam lassen wir die Arbeitswoche hinter uns. Es fühlt sich gut an, anzukommen – raus aus dem Alltag, rein ins Unterwegssein. Schon jetzt steigt die Vorfreude auf morgen in uns auf: neue Wege, neue Bilder, ein Stück Freiheit.
Für dieses Wochenende haben wir uns ein Teilstück der HOPE 1000 ausgesucht – einer legendären Bikepacking-Strecke über 1 000 Kilometer von Romanshorn bis Montreux mit insgesamt fast 30 000 Höhenmetern. Unser Weg soll von Romanshorn nach Wil führen – mit einer Übernachtung in Amlikon-Bissegg. Dieser Teil der Hope1000 ist nicht so streng: noch wenige Höhenmeter, noch keine grossen Herausforderungen. Aber mit viel unbefestigten Gravelwegen - und genau das wollen wir.



Getragen von Bewegung und Natur
Nach dem Frühstück rollen wir los, dem See entlang, durch den Hafen von Romanshorn und stille Quartiere. Es ist noch ruhig, fast verträumt, und wir spüren, wie der Tag langsam in uns ankommt.
Dann öffnet sich die Landschaft: weite Obstplantagen, Felder, kleine Höfe, schattige Wälder. Immer wieder schweift unser Blick zum See – mal nah, mal weit in der Ferne.
Die Wege wechseln ständig: Schotter, Waldpfade, offene Wiesen. Der Himmel ist bewölkt und die Luft angenehm kühl. Wir fahren, reden, hängen unseren Gedanken nach – und fühlen, wie gut es tut, uns einfach von der Bewegung und der Natur tragen zu lassen.



HAlbzeit: Zwischen Zweifel und Zuversicht
Um halb eins haben wir die Hälfte unserer geplanten Kilometer hinter uns. Mir wird bewusst, dass heute der Gravelbike-Akku und mein Körper-Akku an seine Grenzen kommen könnten. Den Gravel-Akku kann ich nicht beeinflussen – er hält, so lange er eben hält.
Beim Körper ist das anders. Früher hätte ich mich einfach mental durchgebissen. Ich war stark im Kopf, stärker als es meinem Körper gutgetan hat. Ich bin oft weitergegangen, obwohl mein Körper schon längst signalisiert hatte: „Genug.“ Heute ist das anders. Ich habe gelernt, dass mentale Stärke allein nicht reicht, wenn ich meinem Körper etwas Gutes tun und ihn gesund erhalten will. Ich höre besser hin, nehme wahr, wann ich in die Reserven gehe – und ich entscheide bewusster, wie weit ich gehe.
Und doch: Jetzt liegt noch die halbe Strecke vor mir. Ich spüre kleine Zweifel, ein leises „Schaff ich das?“ – und gleichzeitig eine klare Antwort in mir: „Ja. Ich schaffe das.“

Die letzten Zwanzig
In Herdern machen wir Pause im Restaurant Löwen. Eine Cola, ein Rivella und für Elmar ein Sandwich. Die Beiz hat Geschichte, das spürt man – und doch ist sie liebevoll hergerichtet, warm und fast schon heimelig. Das Servicepersonal ist herzlich und aufmerksam, und wir fühlen uns sofort willkommen.
Wir lassen uns Zeit, atmen durch, geniessen diesen Moment des Stillstands. Vor uns liegen noch gut 20 Kilometer. Weniger als einmal um den Sempachresee, denke ich – und dieser Gedanke macht es plötzlich leicht.
Danach rollen wir wieder los, voller Vorfreude. Die Strecke führt uns durch tiefe Wälder, über kleine Brücken und leise plätschernde Bäche. Es sind wunderschöne Abschnitte, die den Tag noch einmal besonders machen.
Dann ziehen die Hügel an. Drei Mal stosse ich mein Velo hinauf, Elmar fährt zwei davon, beim letzten steigt auch er ab. Gemeinsam schaffen wir Meter um Meter, lachen zwischendurch und wissen: wir packen das.
Die letzten Kilometer verlangen noch einmal Konzentration, da wir doch langsam müde sind. Aber wir bleiben im Rhythmus, jeder für sich und doch zusammen. Der Fahrtwind im Gesicht, die Gedanken weit – und dann liegt unser Hotel vor uns. Ein gutes Gefühl, angekommen zu sein.




Erschöpft, willkommen, zufrieden
Der Tag war anstrengend. Ich bin weit über meine Komfortzone hinausgegangen – und trotzdem fühlt es sich gut an. Ich habe es geschafft. Der Gravelbike-Akku hält noch, meiner auch.
Nach einer langen Dusche und in frischen Kleidern gehen wir zur Bar. Eigentlich wird hier kein Nachtessen serviert, und doch bekommen wir spontan einen Fitnessteller. Herzlich, unkompliziert, aufmerksam – wir fühlen uns willkommen, fast wie bei Freunden.
Der Tag klingt langsam aus. Die Müdigkeit sitzt tief, aber auch eine stille Zufriedenheit. Auf der Terrasse, in Gesellschaft der Rinder nebenan, lassen wir alles sacken. Kein grosses Reden mehr, nur sitzen, atmen, da sein. Morgen ist weit weg. Jetzt zählt nur dieser Abend – und die Vorfreude auf eine ruhige Nacht.

Leichtes Rollen, stilles Ankommen
Nach einer erholsamen Nacht geniessen wir die morgendliche Ruhe vor dem Hotel. Wir frühstücken gemütlich, gönnen uns draussen noch ein Käfeli und lassen den Tag langsam beginnen. Dann verabschieden wir uns und rollen wieder los.
Heute liegt nur eine kurze Etappe vor uns – rund dreissig Kilometer auf der HOPE1000-Strecke bis nach Wil. Die Sonne begleitet uns, warm und freundlich. Der Weg ist offener als gestern, weniger Wald, mehr Weite. Wir rollen ruhig, jeder in seinem Rhythmus, und geniessen einfach die Bewegung, das Unterwegssein.
Keine anderthalb Stunden später erreichen wir bereits den Bahnhof Wil. Ankommen fühlt sich heute leicht an.





Wenn das Wochenende nachhallt
Der Zug bringt uns zurück nach Hause. In Luzern steige ich um – ich nehme den Anschlusszug, während Elmar sich noch die letzte Etappe bis vor die Haustür gönnt. Die Landschaft zieht vorbei, Felder, Wälder, Dörfer – alles wirkt vertraut und doch ein Stück entrückt nach diesen beiden Tagen unterwegs.
Ich spüre noch keine Müdigkeit, nur das leise Nachklingen des Wochenendes. Die Ruhe hat mich noch nicht gefunden. Vielleicht bringt der Abend zu Hause das Ankommen. Und wenn nicht – dann warte ich einfach, bis es stiller wird in mir. Manchmal braucht das Herz länger als der Körper, um nachzukommen. Und vielleicht ist genau das der Zauber solcher Tage: dass sie noch ein bisschen nachhallen, bevor sie sich leise setzen.

Inspirationen und Informationen
Von Jael Wilcox habe ich mich zum Teilstück auf der Hope 1000 inspirieren lassen.
In diesen beiden wunderbaren Lokalitäten wurden wir herzlich empfangen: b_smart hotel Arbon und Macardo in Amlikon-Bissegg.
Daten zum Weg
Tag 1 - Start: Arbon / Ziel: Amlikon-Bissegg / Distanz: 90 km / Aufstieg: 1'300 hm / Abstieg: 1'200 hm
Tag 2 - Start: Amlikon-Bissegg / Ziel: Wil / Distanz: 30 km / Aufstieg: 450 hm / Abstieg: 400 hm
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Eine Top Leistung zusammen geplant und durchgestanden - Bravo 👏🏻 jetzt lasst den Abend ruhig ausklingen 🫶