
Auf der Bank am Bahnhof
Ich sitze auf einer Bank. Der Blick geht ins Weite. Über mir ein stiller Himmel, in mir eine leise Vorfreude. Die Vögel singen. Irgendwo bläst jemand Laub zur Seite. Ein Bus fährt vorbei. Alles gehört dazu. Ich atme.
Heute geht mein Weg weiter. Die zweite Strecke auf dem Jakobsweg. Ich habe mir Einsiedeln ausgesucht. Eine Etappe. Vielleicht gehe ich sie ganz, vielleicht nur ein Stück. Ich werde es unterwegs spüren.
Jetzt bin ich einfach hier. Auf der Bank. Wartend, lauschend, offen. Der Frieden des Morgens begleitet mich.
Gedanken im Zug
Im Zug sehe ich andere Wanderer. Mit Rucksack, Stöcken, festen Schuhen. Ich beobachte sie – und frage mich: Was unterscheidet eigentlich das Wandern, das mir nie besonders gefallen hat, von dem Jakobsweg, den ich gerade gehe? Vielleicht ist es die Haltung. Wandern war oft Ziel, Tempo, Strecke. Der Jakobsweg fühlt sich anders an. Offener. Tiefer. Langsamer. Ich gehe nicht einfach von A nach B. Ich bin unterwegs. Mit mir. Mit dem Leben. Schritt für Schritt.
Die ersten Schritte
Ich setze den Fuss auf den Weg. Die ersten Schritte. Ein Gefühl von Freiheit breitet sich aus. Ich muss nichts mehr tun. Ich darf einfach gehen. Schritt für Schritt. Mit mir. Allein. Mit meinen Gedanken. Ich muss nirgends ankommen. Ich folge keinem Ziel. Ich bin unterwegs. Und das genügt. Einfach gehen – Raum für mich.
Der Weg unter meinen Füssen ist sanft, fast flach. Ich muss nicht aufpassen, wohin ich trete. Kein Stolperstein, keine Steigung, kein Ziel, das drängt. Es braucht keine Konzentration. Kein Fokus. Keine Ablenkung. Und genau das öffnet etwas in mir. Ich gehe Schritt für Schritt. Und mit jedem Schritt wird es stiller in mir. Äusserlich geschieht nicht viel – aber in mir ist Bewegung. Ich habe mich auseinanderzusetzen. Mit mir. Mit meinem Leben. Mit meinen Gedanken. Und mit meinen Gefühlen, die sonst oft keinen Platz finden.
Der Weg lässt mir Raum. Raum zum Spüren. Zum Erkennen. Zum Annehmen.










Der Weg wird steiler
Ich komme aus dem leichten Rhythmus, muss aufpassen, wohin ich trete. Meine Aufmerksamkeit geht nach innen – zu meinen Beinen, den Muskeln, dem Herzschlag. Ich spüre mein Gewicht bei jedem Schritt, wie es sich verlagert, wie mein Körper arbeitet.
Und gleichzeitig geht mein Blick nach vorn, dorthin, wo mein Fuss gleich landen wird. Ich sehe eine kleine Blume, genau da, wo mein nächster Schritt hingeht. Eine Ameise kreuzt meinen Weg, genau im richtigen Moment. Ein Stein fällt mir auf – besonders, rund, mit einer kleinen Einkerbung.
Alles erscheint genau vor mir, im Augenblick, in dem ich ihm begegne. Ich bin ganz da. Auf dem Weg. Im Spüren. Im Leben.


Weite auf der Anhöhe - ein stiller Moment
Oben auf einer Anhöhe bleibe ich stehen. Der Blick schweift über das Land. Weite breitet sich aus – aussen wie innen. Mein Herz ist ruhig. Offen. Ich spüre Glück, das nicht laut ist, sondern still. Genügsamkeit. Dankbarkeit. Nichts drängt. Nichts fehlt. Ich atme tief ein, lasse los, was nicht mehr mitkommen muss. Dann gehe ich weiter. Der Weg führt hinunter. Schritt für Schritt. Ich lasse mich tragen – vom Weg, vom Tag.





ANkommen
In Schwyz endet diese Etappe. Für heute. Ich bin müde, aber ruhig. Offen. Weich. Ich habe nichts erreicht – und doch so viel empfangen. Der Jakobsweg trägt mich weiter. Irgendwann. Irgendwo.


Inspirationen und Informationen
Inspirationen zum Kloster Einsiedeln: Kloster Einsiedeln
Inspirieren für den Weg lasse ich mich vom Buch: Via Jacobi.
Weitere Informationen zum Weg hole ich mir aus den Websiten: SchweizMobil Via Jocobi Route 4 oder Schweizer Freunde des Jakobsweg.
Daten zum Weg
Start: Einsiedeln / Ziel: Schwyz / Distanz: 21 km / Aufstieg: 610 hm / Abstieg: 980 hm